self-love
Auf dem Weg zu der wichtigsten Person meines Leben -mir selbst
Samstag, 25. Februar 2017
Woher nehmen wir uns das Recht, Dinge über andere Menschen zu sagen?
Wieso tun wir das? Um uns besser zu fühlen?
Ich bin selbst kein Engel und habe natürlich auch schon oft gelästert, aber ich weiß wie weh es tun kann, Kritik zu hören.

Wie frustrierend es heute war, als ich eine Freundin getroffen habe. Wir hatten uns seit der Weihnachtszeit nicht mehr gesehen (damals war ich noch ca. 5 Kilo leichter) und als wir uns heute trafen, sprach sie sehr schnell das Thema Gewicht an.
Auch, dass ihr ja mein Doppelkinn aufgefallen sei.
Nein, sie weiß nicht, dass ich unter Magersucht leide und ich hatte danach auch wirklich wenig Lust sie darüber aufzuklären, also habe ich das Thema einfach fallen gelassen.

Es ist hart so etwas zu hören und ich muss sagen, dasss es sehr schmerzt.
Ja, jetzt fühle ich mich wieder ganz besonders dick und das wird vermutlich auch noch lange anhalten.
Ich kann immer nicht unterscheiden, ob das, wie ich aussehe noch normal ist, oder ob ich wirklich schon als so dick rüber komme, wie ich mich die ganze Zeit fühle.

Denn als ich die Hauptdarsxtellerin in Fifty Shades Of Grey auf der Kinoleinwand sah, malte ich mir nur aus, wie dick ich in demselbigen Film neben ihr aussehen würde.
Vermutlich gäbe ich kein besonders gutes Paar mit Mister Grey ab, da ich ungefähr dieselben Körpermaße vorzeigen könnte (bei einem Muskelanteil von ca. 0% haha)

Egal, ich muss jetzt weiterhin versuchen, mit mir zurecht zu kommen, auch wenn ich negative Kritik bekomme. Schließlich weiß diese Freundin nicht, was ich durchgemacht habe. Sie kennt mich nämlich erst seit der Phase, wo ich dünn war und empfand das vermutlich als meine natürliche Bauweise.




Donnerstag, 23. Februar 2017
Es gibt so oft Momente, in denen ich mich einfach nur für meinen Körper schäme.
Vorhin bin ich über eine Straße gelaufen und hab meinen Kopf währenddessen so sehr zu meinen Schultern gedrückt, damit der Kragen der Jacke auf jeden Fall mein Doppelkinn versteckt.
Wieso komme ich damit nicht klar?!




Eigentlich hatte ich geplant, einfach abzunehmen und danach ganz normal weiter zu leben. Ich hatte Angst davor, durch mein stetig steigendes Gewicht auf einmal eine 7 vorne auf der Waage zu sehen. Ich war nicht im Übergewicht, aber kurz davor. Einfach ein beleibter Mensch.
Ja, ich hatte Speckröllchen, ein Doppelkinn und kräftige Oberschenkel.
Schon 2014 hatte ich Ernährungstagebücher zum Abnehmen angefangen- ohne lannge durchzuhalten.
Die Diät im Sommer 2015 brach ich ebenfalls ab.
Zu Neujahr wollte ich aber nun endlich schlanker werden und ich hatte mein Ziel fest vor Augen: 59 Kilo sollten es sein.
Das ist bei meiner Größe kurz vorm Untergewicht, aber zuerst wollte ich diese Zahl an mir sehen, um nicht mehr den Eindruck haben zu müssen, dick zu sein.
Ich nahm sehr schnell ab, kam auf die 59 Kilo.
Ich glaube es hat kaum einen Moment in meinem Leben gegeben, wo ich so stolz war wie an dem Tag.
Ich fühlte mich so toll, so unendlich schön.
Aber die Konsequenzen kamen bald. Ich konnte mich praktisch nur noch von Gemüse ernähren und musste mich scheinbar unendlich bewegen, um nicht zuzunehmen.
Mein Stoffwechsel war ja noch nie der Beste und durch das schnelle Abnehmen hatte ich ihn mir noch mehr versaut.
Ich bekam riesige Panik vor den Zunehmen, heulte wenn ich ein paar Gramm mehr auf der Waage sah.
Ich wog mich manchmal stündlich, mindestens mehrmals täglich.

Die Waage gab mir etwas, dass ich bisher nie von meinen Eltern bekommen habe: Kontrolle und ein ehrliches Feedback.

Die Waage kann nicht lügen, sie sagt einem "gute" als auch "schlechte" Dinge.
Ich konnte mich so sehr berechnen, mich so sehr kontrollieren und ich wollte es auch.
Aber irgendwann kommt der Punkt wo dein Kopf nicht mehr mit macht.
Ich zerbrach mir jede Minute an die ich mich erinnere nur den Kopf darüber, was ich später essen würde, wieviele Kalorien ich verbrennen musste, wieviel Gramm ich wieder abnehmen musste.
Ich bekam schreckliche Kopfschmerzen, ständige Zusammenbrüche und grenzte mich von anderen Menschen ab, weil ich an nichts anderes als an mein Essen denken konnte.
Ich hatte keinen Spaß mehr am Leben und war so verdammt hoffnungslos.
Ich wusste nicht wie ich aus dem ganzen Mist herauskommen sollte.

Gegen November gab ich meine Waage weg, was für mich einen riesigen Kontrollverlust bedeutete. Und ja, es war extremst schwer für mich.
So oft habe ich überlegt, mich einfach wo auf die Waage zu stellen und nachzugucken.
Zweimal musste ich es bei einer Ärztin tun. Das erste Mal hatte ich den Zusammenbruch des Todes. Das zweite Mal hatte ich den ganzen Hass auf mich in mich hinein gefressen.
Einmal habe ich mich doch nochmal Zuhause auf die Waage gestellt und es war echt nicht toll.
Ja, ich hatte extremst schnell gegen Weihnachten zugenommen und ich tue es immer noch.
Ja, ich bin wieder beleibt, habe mittlerweile mit sicherheit meine 69 Kilo auf den Rippen. Ob das stimmt weiß ich nicht, aber wenn ich meine Körpermaße mit den damaligen Vergleiche hatte ich bei denselben Maßen damals ein Gewicht von 66 Kilo.
Für mich viel zu viel um das zu ertragen, aber solange ich es nicht auf der Anzeige einer Waage sehe, kann ich vor der Realität weglaufen.

Ja, ich habe große Angst, mich auf eine Waage zu stellen und ich werde es hoffentlich noch lange hinauszögern können.

Aber ich fühle mich einfach so fett, so so so fett.




Montag, 20. Februar 2017
Jeder fängt einmal klein an. Sogar wortwörtlich.
Doch während wir in die Windeln machen, uns beim Krabbeln die Knie aufschlagen, nach ersten Schritten hinfallen und seltsame Laute von uns geben, passiert noch viel mehr: Wir sammeln erste Eindrücke.
Es sind nur Eindrücke, an die wir uns später nie wieder speziell erinnern werden.
Aber je älter wir werden, desto prägender sind Worte unserer Eltern, Gesichtsauszüge und Gesten.
Wir können genau zwischen Geborgenheit und Einsamkeit unterscheiden.
Es gibt Kinder, welche nie das Gefühl, allein zu sein vermittelt bekommen. Sie wachsen wie in einer Schutzblase heran. Und es gibt Kinder, die schon früh damit konfrontiert werden, nicht gut genug zu sein.

Ich denke ich bin eine Mischung daraus. Irgendwie.

Ich war von meiner Mutter immer das umsorgte Kind. Die kleine Tochter neben dem großen Bruder. Ich bekam sehr viel Fürsorge von ihr und fühlte mich in Sicherheit.
Mein Vater hingegen war einer dieser Menschen, die Zuneigung nicht gut zeigen können. Denen so etwas eher unangenehm ist. Er verteilt sehr selten und sehr ungern meistens dann auch sehr unpassende Komplimente und mag es lieber, Dinge zu kritisieren.
Ich glaube, dass er zwar schon immer so war, sich bei mir anfangs jedoch etwas mehr Mühe gegeben hatte -was mit der Zeit immer weniger wurde.

Dadurch wurde ich ein Kind, dass sehr stark auf die Mimik anderer achtet. Ich musste immer durch äußerliche Merkmale, winzige Kleinigkeiten achten, um mitzubekommen wie es einem anderen ging.

Von meinem Vater habe ich, so glaube ich, noch nie gehört, dass er stolz auf mich sei. Viel mehr musste ich mir das aus seiner Mimik erschließen.

Meine Mutter war das totale Gegenteil. Sie überschüttete mich regelrecht mit Komplimenten. Man könnte denken, das sei ein Ausgleich, aber das ist es nicht. Ich fing schon früh an, mich nicht ernst genommen zu fühlen. Als ich älter wurde, reagierte ich fast schon aggressiv gegen diese Komplimente.
Ja, am liebsten hätte ich sie angeschrien: "Hör auf, so toll bin ich nicht. Siehst du das denn nicht?"

Und toll fühlte ich mich echt nicht. Ich fand meinen Mund zu schmal, mein Gesicht zu speckig, mein Doppelkinn viel zu groß und meinen Körper zu fett. Wie sollte ich da jemandem glauben, hübsch zu sein oder eine gute Figur zu haben?
Ich hatte immer mehr den Wunsch, mich meiner Mutter zu wiedersetzen und fing immer mehr an, zu verstehen, weshalb mein Vater mir nie sagte, dass ich schön sei.

Ich glaube damit fing dann alles an.