self-love
Auf dem Weg zu der wichtigsten Person meines Leben -mir selbst
Eigentlich hatte ich geplant, einfach abzunehmen und danach ganz normal weiter zu leben. Ich hatte Angst davor, durch mein stetig steigendes Gewicht auf einmal eine 7 vorne auf der Waage zu sehen. Ich war nicht im Übergewicht, aber kurz davor. Einfach ein beleibter Mensch.
Ja, ich hatte Speckröllchen, ein Doppelkinn und kräftige Oberschenkel.
Schon 2014 hatte ich Ernährungstagebücher zum Abnehmen angefangen- ohne lannge durchzuhalten.
Die Diät im Sommer 2015 brach ich ebenfalls ab.
Zu Neujahr wollte ich aber nun endlich schlanker werden und ich hatte mein Ziel fest vor Augen: 59 Kilo sollten es sein.
Das ist bei meiner Größe kurz vorm Untergewicht, aber zuerst wollte ich diese Zahl an mir sehen, um nicht mehr den Eindruck haben zu müssen, dick zu sein.
Ich nahm sehr schnell ab, kam auf die 59 Kilo.
Ich glaube es hat kaum einen Moment in meinem Leben gegeben, wo ich so stolz war wie an dem Tag.
Ich fühlte mich so toll, so unendlich schön.
Aber die Konsequenzen kamen bald. Ich konnte mich praktisch nur noch von Gemüse ernähren und musste mich scheinbar unendlich bewegen, um nicht zuzunehmen.
Mein Stoffwechsel war ja noch nie der Beste und durch das schnelle Abnehmen hatte ich ihn mir noch mehr versaut.
Ich bekam riesige Panik vor den Zunehmen, heulte wenn ich ein paar Gramm mehr auf der Waage sah.
Ich wog mich manchmal stündlich, mindestens mehrmals täglich.

Die Waage gab mir etwas, dass ich bisher nie von meinen Eltern bekommen habe: Kontrolle und ein ehrliches Feedback.

Die Waage kann nicht lügen, sie sagt einem "gute" als auch "schlechte" Dinge.
Ich konnte mich so sehr berechnen, mich so sehr kontrollieren und ich wollte es auch.
Aber irgendwann kommt der Punkt wo dein Kopf nicht mehr mit macht.
Ich zerbrach mir jede Minute an die ich mich erinnere nur den Kopf darüber, was ich später essen würde, wieviele Kalorien ich verbrennen musste, wieviel Gramm ich wieder abnehmen musste.
Ich bekam schreckliche Kopfschmerzen, ständige Zusammenbrüche und grenzte mich von anderen Menschen ab, weil ich an nichts anderes als an mein Essen denken konnte.
Ich hatte keinen Spaß mehr am Leben und war so verdammt hoffnungslos.
Ich wusste nicht wie ich aus dem ganzen Mist herauskommen sollte.

Gegen November gab ich meine Waage weg, was für mich einen riesigen Kontrollverlust bedeutete. Und ja, es war extremst schwer für mich.
So oft habe ich überlegt, mich einfach wo auf die Waage zu stellen und nachzugucken.
Zweimal musste ich es bei einer Ärztin tun. Das erste Mal hatte ich den Zusammenbruch des Todes. Das zweite Mal hatte ich den ganzen Hass auf mich in mich hinein gefressen.
Einmal habe ich mich doch nochmal Zuhause auf die Waage gestellt und es war echt nicht toll.
Ja, ich hatte extremst schnell gegen Weihnachten zugenommen und ich tue es immer noch.
Ja, ich bin wieder beleibt, habe mittlerweile mit sicherheit meine 69 Kilo auf den Rippen. Ob das stimmt weiß ich nicht, aber wenn ich meine Körpermaße mit den damaligen Vergleiche hatte ich bei denselben Maßen damals ein Gewicht von 66 Kilo.
Für mich viel zu viel um das zu ertragen, aber solange ich es nicht auf der Anzeige einer Waage sehe, kann ich vor der Realität weglaufen.

Ja, ich habe große Angst, mich auf eine Waage zu stellen und ich werde es hoffentlich noch lange hinauszögern können.

Aber ich fühle mich einfach so fett, so so so fett.